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Ein Roman über Gedankenabenteurer


Aus dem Vorwort:

Irgendwann, sagte er sich, muss ich beginnen diese Dinge aufzuschreiben. Er wusste, alles was man beschrieb, konnte ein wenig von seinen Schrecken verlieren. Und darum ging es ihm. Vielleicht verloren die Dinge auch etwas von ihren Geheimnissen. Oder beides. Ja, sicher. Die beiden gehörten zusammen. Schrecken und Geheimnis.


Aus dem ersten Kapitel:

Friedrich und Gisela.

Ein fürchterliches Gewitter hatte die beiden überrascht. Sie waren kurz nach dem Mittagessen aufgebrochen. Die Sonne stach etwas zu spitz hinter den Wolken hervor. "Man hätte es wissen müssen", sagte Friedrich.                                                      "Das kann man nie wissen", widersprach Gisela. "Hier ist das Wetter an sich sehr beständig."                                                                                                             "An sich ja." Friedrich war leicht angesäuert. Sie standen unter einer dürftigen Weide und waren bereits nass bis auf die Haut.                                                                     "Weiden soll man meiden", tönte Gisela und sah ihn herausfordernd an. Sie mochte es ganz gerne, ihn ein wenig ärgern. Liebevoll natürlich. Aber sehr wohl war ihr im Moment auch nicht. Nicht wegen der Weiden, aber die nassen Kleider waren lästig.   "Und wo kriegen wir hier eine Buche her?"                                                    "Wieso? Ach ja. Buchen sollst du suchen!" Sie lachte. "Am Ende trifft dich hier und dort der Schlag."                                                                                                      "Sehr ermunternd", knurrte er. "Wir gehen weiter! Viel nasser können wir nicht werden."    "Einen Augenblick noch", sagte sie, "dort hinten wird's heller."  

Ein gewaltiger Blitz zuckte über den Himmel. Die beiden konnten seine Zackenspur eine ganze Zeitlang verfolgen.                                                                                              "Der war lange unterwegs", sagte Friedrich. "Wie ein Riss am Himmel."                           "Sehr schön", zitterte Gisela, "wirklich, sehr schön."                                                      "Aber zittern tust du", grinste Friedrich.                                                                         In diesem Augenblick kam der zu dem Blitz gehörende Donnerschlag auf die beiden nieder. Laut und andauernd, als ginge die Welt zu Grunde.                                              "Mein Gott", schrie Gisela, "das ist ja ungeheuer!" Sie klammerte sich an Friedrich, was der als recht angenehm empfand. Trotz der Nässe. Er sah durch die dürren Weidenzweige nach oben. Wieder zuckte ein Blitz und zerriss den Himmel. "Was ist ...?" Friedrich stockte der Atem. "Was war das?" "Was?" Gisela zitterte ein wenig stärker. "Hast du das gesehen?" Er schob die nasse, zitternde Gisela etwas von sich weg und sah angestrengt nach oben. "Was war denn?" Das Mädchen hatte offenbar die letzten Minuten einiges von ihrem Selbstbewusstsein aufgegeben. "Da war ..." Er stockte. "Ich sah dort ... Ach was, Spinnerei! Lichtreflexe oder so." Er schüttelte sich. "Komm, lass' uns gehen. Ehe die Weiden doch noch ihr Unvermeidliches dazutun."      

Er nahm sie bei der Hand. Ein wenig hatte der Regen nachgelassen. Ihr Auto stand auf dem Parkplatz, in der Nähe der Wiese, wo sie unter der Weide Schutz gesucht hatten. Gisela schmiegte sich an ihn. "Du bist sehr nass", stellte sie fest.                                  "Du auch", sagte er. Seine Gedanken schweiften ab zu dem Bild, das er gesehen hatte. Welches er glaubte gesehen zu haben.                                                                         Der Riss im Himmel schien auf ungewöhnliche Weise für eine sehr kurze Zeitspanne eine bestimmte Szene freigegeben zu haben. Gerade so, als ob man in einem dunklen Zimmer für wenige Sekunden ein Blitzlicht zündet. Er schüttelte den Kopf. Hirngespinste. Ihm allerdings nicht völlig unbekannt. Dies sollte man rasch vergessen.

Sie stiegen ins Auto. Die nassen Sachen ergaben einen strengen Geruch.                       "Nichts wie heim", rief Gisela erleichtert. "Ein Bad, ein Bad! Mein Königreich für ein Bad!" "Sehr schön, dein Shakespeare", meinte Friedrich und war ganz bei der Sache. "Schnell will ich eilen, mit dir dort zu weilen."                                                                              "Von wem ist das?"                                                                                                     "Von mir", lachte er.

Die merkwürdigen Schläuche und Flaschen in dem schmalen Loch am Himmel hatte er beinahe schon vergessen.